A u d i o s k r i p t
Stefan Geiger
15.
Stefan II - Gruppe
Sich
öffnen und sich verschließen
Bad Dürkheim
aufgezeichnet von Werner Fuchs, geschrieben
von Christine Fuchs
Seid gegrüßt
in dieser erweiterten Runde, heute abend!
Das Thema der
letzten Übungsgruppe war die B
e g e g n u n g , die Begegnung von Menschen und die Bedeutung des
anderen Menschen als Spiegel für sich selbst. Der andere ist erst
einmal anders, und damit kann er einen neuen Impuls in das eigene
Leben hineinbringen.
Ein zentrales
Element in einer Begegnung mit einem Menschen ist das Sichöffnen füreinander.
Ein ebenso zentrales Element in einer Begegnung ist aber auch das
Sichverschließen vor dem anderen. Dies geschieht, wenn man die Begegnung
in der Art nicht möchte, wenn man nicht offen sein möchte, aus welchen
Gründen auch immer.
Diese beiden
Elemente einer Begegnung, die auf mitunter sehr alten Verhaltensmustern
basieren, möchten wir heute etwas genauer anschauen. Sie sind sehr
zentral in einer Berührung oder Begegnung zwischen zwei Menschen und
bestimmen, wie stark der Energiefluß, wie stark der Austausch ist.
Sie bestimmen
darüber, wie berührend eine Begegnung ist, wieviel sie Neues, Erweiterndes
bringt, sie bestimmen aber auch darüber, wie verletzend, wie schmerzhaft
eine Begegnung ist. Sie bestimmen darüber, wieviel Austausch stattfindet,
wieviel Nähe entstehen kann, und sie bestimmen darüber, wieviel Liebe
letztendlich dabei entstehen und fließen kann.
Das ist einleuchtend.
Wenn sich zwei Menschen nicht füreinander öffnen wollen oder können
oder sich einfach nicht öffnen, ist es höchst unwahrscheinlich, daß
Nähe und Liebe zwischen den beiden entsteht. Wie wir sagten, unterliegen
diese beiden Faktoren von Sichöffnen und Sich-schließen mitunter sehr
alten, sehr eingeschliffenen und auch unbewußten
V e r h a l t e n s - m u s t e r n.
Sichöffnen und
Sichverschließen geschehen oftmals sehr unbewußt, mechanisch, automatisch.
Ihr könnt manchmal nichts dazu tun zu dem, was in euch geschieht,
und manchmal auch nichts dagegen tun. Es geschieht in euch. Automatisch
zieht ihr euch zusammen oder ihr öffnet euch freudestrahlend, wie
auch immer, es geschieht.
Dieses automatische
Geschehen lenkt oftmals ganz zentrale Energieflüsse zwischen den Menschen
und damit aber auch zentrale Energieflüsse in euch selbst. So könnt
ihr verstehen, daß es einem Menschen, der sich sehr viel verschließt,
nicht möglich ist, seine Energien frei zum Ausdruck zu bringen und
frei fließen zu lassen. Es ist stattdessen eher so, daß ein Mensch,
der sich automatisch oder auch zwanghaft verschließt, weil er nicht
anders kann, auch keinen kraftvollen inneren Energiefluß hat und meistens
auch nicht vor Gesundheit übersprudelt, sondern er erlebt häufig eine
Enge, ein Sich-unfrei-Fühlen, ein Sich-gehalten-Fühlen, ein Sich-gehemmt-Fühlen.
Zu diesem Thema
wollen wir heute zwei Übungen machen.
Die e r s t e Ü b u n g läuft darauf hinaus, sich anzuschauen, wie ich mich verhalte,
wie ich reagiere. W i e b i n i c h ? In welchen Situationen öffne ich
mich? Öffne ich mich gerne? In welchen Situationen verschließe ich
mich, bewußt oder unbewußt, weil ich mich verschließen möchte oder
weil ich nicht anders kann. Wir wollen dies ein wenig aufhellen, was
da in mir geschieht in dem Sinne, wie wir das bereits sagten.
Wenn innere Verhaltensmuster
klar werden, wenn man hinter diese Mechanismen schauen kann, wenn
man da Licht hineingibt, sie durchleuchtet, dann kann dieses Licht,
verstanden auch als Energie, die alten Muster sprengen. Dann werdet
frei sein ihr, euch freier fühlen, in neuer Weise da zu sein, in neuer
Weise anderen Menschen zu begegnen und begegnen zu können und damit
eure Lebenserfahrung zu bereichern, zu intensivieren.
Die z w e i t e
Ü b u n g hat den Aspekt
des A u s p r o b i e r e
n s dieser zentralen Funktionen des Sichöffnens
und des Sichverschließens. Es sind in der Tat ganz zentrale Funktionen.
Sie sind im Grunde für euer jetziges Dasein die zentralsten Funktionen
überhaupt. Es geht darum, diese beiden Funktionen auszuprobieren und
sie bewußt zu erleben, bewußt damit zu experimentieren, bewußt wahrzunehmen,
was geschieht, wenn ich mich öffne und wenn ich mich verschließe.
Beides ist äußerst wichtig.
Es ist wichtig,
dies sei vorab gesagt, daß jeder Mensch das R e c h t hat, sich jederzeit
zu verschließen und zu sagen: 'Nein, stop, ich möchte nicht in Kontakt
treten. Ich möchte mich jetzt zurückziehen.'
Jeder Mensch
hat das Recht dazu, was auch bedeutet, daß jeweils die anderen das
akzeptieren müssen. Es ist zu akzeptieren, daß jeder Mensch das Recht
hat, sich zu verschließen, um in sich zu gehen, um sich zum Beispiel
zu besinnen. Das ist ganz wichtig, denn manche Menschen tendieren
dazu, andere zu zwingen, sich zu öffnen und sich zu zeigen.
Es ist aber genau
so wichtig, daß ein Mensch in der Lage ist, sich anderen zu öffnen,
sich anderen mitzuteilen, sich anderen zu zeigen, seinen persönlichen
Ausdruck zu leben. Denn ihr lebt vom A
u s t a u s c h . Die Welt lebt und basiert auf dem Prinzip des Austausches,
des Flusses von Energie. Energie kann immer nur von hier nach dort
fließen, z.B. von einem Menschen zum anderen.
Nun, wie gesagt,
ist die zweite Übung eine Experimentierübung, bei der ihr die Möglichkeit
habt, euch zu öffnen und zu verschließen.
Öffnen und verschließen,
um dies noch anzumerken, geht immer auch in verschiedenen Richtungen.
Das heißt, ihr verfügt über verschiedene Wahrnehmungskanäle, wenn
man ganz einfach sprechen will, über verschieden Fenster, oder, wenn
man einen Begriff aus der Technik wählt, über verschiedene Bildschirme,
die ihr an- und ausschalten könnt, um etwas Bestimmtes wahrzunehmen,
um zu kommunizieren.
Ein wichtiges
Fenster ist das F e n s t
e r h i n e i n i n d i e p h y s i s c h e W e l t , in eure materielle Umgebung, dorthin, wo ihr anderen Menschen
begegnet. Das ist das Fenster, das in eurem Alltagsleben mit Abstand
die größte Bedeutung hat.
Wenn ihr dieses
Fenster, das hinausgeht in diese Welt, verschließt, was ihr ja jeden
Abend tut, wenn ihr eure Augen schließt und euch damit völlig zurückzieht
von dieser Welt, wenn ihr das tut, und das könnt ihr auch bewußt tun,
habt ihr die Möglichkeit andere, sogenannte innere Fenster zu öffnen
und dort zu schauen.
Es ist sogar
manchmal Voraussetzung, daß man gewisse Fenster verschließt, um innerlich
still zu werden, um sich innerlich abzutrennen und um sich dann auf
etwas Neues einzustellen, sich dafür zu öffnen.
Ihr seht, wie
zentral diese Funktion des Sichöffnens und des Sichverschließens ist.
Wir erklären
jetzt die erste Übung.
E r l ä u t e
r u n g e n z u r e r s t e n
Ü b u n g
Ihr sucht euch
einen Partner, nicht euren Lebenspartner! Setzt euch gegenüber hin,
relativ nah! Der eine ist erst einmal der Fragende, der andere der
Antwortende.
Der Fragende
beginnt: 'Sag mir, wann du dich verschließt!' Der zweite antwortet
relativ kurz mit einem Beispiel, wann er sich verschließt.
Der erste fragt
dann erneut: 'Sag mir, wann du dich verschließt!' usw.
Diese Übung ist
erstens dazu da, in Kontakt zu gehen, und zweitens sich bewußt zu
werden, wann man sich verschließt. Dann werden die Rollen vertauscht. Dann sucht euch
jeweils einen Partner und setzt euch einander gegenüber hin.
Es folgt der erste Teil der Paarübung. Zum Schluß folgt:
Schließt die
Augen, setzt euch entspannt hin, und spürt, was ihr gesagt bzw. was
ihr gehört habt!
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Es kommt jetzt
der zweite einfachere, leichtere Teil. Die Frage lautet: 'Sag mir,
wann du dich öffnest!'
Es folgt der zweite Teil der Übung. Am Schluß heißt es:
Spürt noch einmal
nach, was ihr gesagt und aber auch, was ihr gehört habt.
E r l ä u t e
r u n g e n z u r z w e i t e n Ü b u n g
Es folgt nun
die zweite Übung, das bewußte Experimentieren mit dem Sichöffnen und
dem Sichverschließen.
Spürt nach und
nehmt wahr, was es bedeutet, wenn ihr euch verschließt, wie ihr das
macht, wie ihr das machen könnt! Experimentiert damit! Benutzt euren
ganzen Körper, benutzt eure Bewegung, aber benutzt auch eurer Gefühle
und eure Erinnerung an Situationen, bei denen ihr euch extrem verschlossen
habt!
Wenn ihr euch
öffnet, benutzt wiederum euren Körper, bewegt euch durch den Raum,
seid offen, haltet die Augen offen und nehmt wahr! Schaut euch in
dem Raum um, seht die anderen Menschen und versucht eine offene Haltung
gegenüber der Welt einzunehmen!
Dann, wenn ihr
euch wieder verschließt, tut dies bewußt! Es geht um diesen bewußten
Akt. Es geht darum, daß ihr lernt, dieses Fenster ganz bewußt zu öffnen,
euch zu zeigen, da zu sein, und euch ganz bewußt wieder zu verschließen
und darin Erfahrungen zu machen, so daß ihr diese Funktionen ganz
bewußt handhaben könnt. Und wißt, daß ihr das Recht dazu habt, euch
ganz bewußt zu öffnen und zu verschließen!
Diese Übung wird
von Musik begleitet. Es geht nicht um tanzen, sondern es geht um diese
Erfahrung. Aber ihr könnt euch durchaus zum Rhythmus der Musik bewegen.
Wenn ihr euch öffnet, laßt die Energien einfach fließen, durch euch
hindurch, ganz offen, ganz frei und ganz experimentierend!
Stellt die Stühle
an den Rand! Setzt, stellt oder legt euch hin, was immer euch entspricht!
Spürt, was es
bedeutet, wenn ihr euch extrem verschließt! Wir beginnen jetzt! Macht
Platz für Bewegung!
Es folgt die zweite Übung.
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Nun, auch das,
was Stefan tut, ist ein Sichverschließen, ein Weggehen von dieser
Welt und ein Sichöffnen für ein inneres Fenster und ein Sich-bereit-Machen,
um unsere Energie durch dieses Fenster hindurchfließen zu lassen oder
durch diesen Kanal, ganz wie ihr wollt.
Wenn es euch
gelingt, euch intensiver und bewußter zu öffnen und zu verschließen,
jeweils das eine und das andere, werden sich euer Leben und eure Eindrücke
intensivieren. Wenn ihr euch ganz verschließt, dann werden die Eindrücke,
wenn ihr euch öffnet, um so intensiver sein. Wenn ihr euch ganz öffnet,
werden die Eindrücke intensiver sein, wenn ihr euch verschließt.
Ihr schöpft dann
mehr die Bandbreite eures physischen Daseins und eurer Wahrnehmung
aus. Im Grunde verschließt ihr eure Wahrnehmung hin zur physischen
Welt. Und wenn es euch gelingt, diese Wahrnehmung zur physischen Welt
völlig zu verschließen und nach innen zu schauen und nach innen zu
versinken, dann werden die Wahrnehmung und das Erleben eurer Umwelt
hinterher um so intensiver sein. Wer sich tief verschließen und in
sich versenken kann, wird seine Umwelt anschließend intensiver und
auch schöner und lebendiger wahrnehmen.
Das andere Extrem
dazu ist, in einem Dämmerzustand nicht ganz geöffnet, aber auch nicht
ganz geschlossen vor sich hin zu leben, ein Auge offen, ein Auge geschlossen,
ein Ohr offen und mit dem anderen Ohr weghörend. In diesem extremen
Gegenzustand werden alle Eindrücke gemindert, alle Wahrnehmung ist
nur halb und ein intensives Erleben ist völlig ausgeschlossen. Was
übrig bleibt, ist so eine Art gräuliche Wahrnehmung der Welt ohne
intensive Gefühle, ohne intensive Eindrücke.
Wir geben dies
als Gegenbeispiel, damit ihr verstehen könnt, wie sehr sich euer Leben
und eure Wahrnehmung und damit aber auch euer Lebensgefühl verändern
wird, wenn ihr lernt euch bewußt einzulassen, bewußt zu öffnen und
bewußt zu verschließen.
Das ist das,
was wir euch an dem heutigen Abend nahelegen wollten, und wir fordern
euch auf, in den nächsten vier Wochen dies immer wieder zu tun, euch
darin zu üben, das heißt auch des Abends euch von dieser Welt bewußt
zu verschließen und zu verabschieden in dem Bewußtsein, daß ihr in
eine andere Welt geht.
Ihr könnt dies
tun, indem ihr den Tag noch einmal kurz durchgeht und euch dann verabschiedet.
Ihr könnt ebenso des Morgens bewußt den Schritt hinein in diese Welt
gehen, wahrnehmen, wann ihr aufwacht, euch von den Träumen verabschieden,
vielleicht indem ihr noch einmal hinschaut und euch dann ganz bewußt
für den Tag und das physische Dasein öffnet, und könnt auch während
des Tages bewußt mit diesen Funktionen sich zu öffnen und sich zu
verschließen experimentieren.
Beide Welten,
die innere und die äußere Welt, haben etwas einander gegenseitig Befruchtendes.
Wenn ihr euch intensiv auf die Außenwelt einlaßt, sind die Wahrnehmungen
und Impulse, die ihr dort bekommt, förderlich für euer Innenleben
und umgekehrt. Wenn ihr euch intensiv auf euer Innenleben einlassen
könnt, euch bewußt von der physischen Welt zurückziehen könnt, wird
das, was ihr da erlebt, anschließend euer physisches Leben enorm steigern.
Damit möchten
wir noch die Möglichkeit zu fragen geben.
F r a g e n
Teilnehmer: Ich habe noch
eine Frage: Das Verschließen ist in dem Sinne gemeint, sich komplett
zurückzuziehen in die innere Welt?
Stefan II: Ganz genau! Verschließen bedeutet in diesem
Zusammenhang, sich für die äußere physische Welt zu verschließen.
Es kann auch einmal heißen, sich für einen ganz bestimmten Aspekt
zu verschließen, zum Beispiel gegenüber einem Menschen. Beides ist
möglich.
Mir ist nur so der Gedanke gekommen, ich kann mich auf eine
Tätigkeit, sage ich mal, konzentrieren und mich gegenüber allem anderen
verschließen.
Ganz genau! Das
ist auch ein Aspekt des Sichöffnens für etwas und des Sichverschließens
für etwas anderes, eine Fokussierung, eine Ausrichtung der Wahrnehmung
auf einen bestimmten Teilaspekt des physischen Daseins, zum Beispiel
so wie ihr euch auch im Inneren auf eine ganz bestimmte Erinnerung
konzentrieren könnt und damit andere ausschließen könnt. Auch da könnt
ihr das Erleben steigern. Je intensiver es euch gelingt, euch auf
diese eine Erinnerung einzulassen und je besser es euch gelingt, die
anderen auszuschließen, desto intensiver wird das Erleben dieses einen
Bildes. So kann man ganz grundsätzlich sagen, je besser ihr in der
Lage seid, diese Funktionen des Sichöffnens, des Sichschließens, des
Sichfokussierens zu bedienen, desto intensiver wird euer Lebensgefühl,
euer Erleben sein.
Teilnehmer: Ist bei dem
Verschließen - es ist der Rückzug von der äußeren Welt, das war gesagt worden
- aber ist es auch gleichzeitig der Rückzug von der inneren Welt,
also gar nichts Wahrnehmen, oder ist das Nach-innen-Spüren dabei?
Stefan II: Im Grunde könnt ihr das handhaben, wie
ihr möchtet. Sinnvoll ist vielleicht erst einmal, so meinen wir das
jetzt auch, nach innen zu schauen, die innere Welt wahrzunehmen, offen
zu sein für das, was da im Innen kommt. Die Fokussierung der Wahrnehmung
weg von der physischen Welt fällt leichter, wenn es im Innen einen
Anziehungspunkt gibt, auf den ihr euch richten könnt. Es ist dies
bekannt bei den Meditationstechniken, bei denen man sich von der äußeren
Welt verschließt und sich einen Beobachtungspunkt sucht, zum Beispiel
das Heben und Senken der Bauchdecke oder den Fluß des Atems oder was
auch immer, und man konzentriert die Aufmerksamkeit auf diesen einen
Punkt, eben um sich von dem anderen abzutrennen, sich davor zu verschließen.
Nun, wir wünschen
euch ein schönes und intensives Erleben jeweils im Inneren und im
Außen und ziehen uns damit zurück. |
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