A u d i o s k r i p t
Stefan Geiger
6.
Stefan II - Gruppe
Sensibilität
Seid gegrüßt,
liebste Freunde in dieser neuen und erweiterten Runde! Wir begrüßen
ganz herzlich die neu Hinzugekommenen!
Wenn ihr hier
hineingeboren werdet in diese Realität, wenn ihr vor eurer Geburt
noch als unbeschriebenes Blatt und als kleiner Embryo im Bauch eurer
Mutter liegt, dann seid ihr schon ein
h o c h s e n s i b l e s
W e s e n . Ihr seid außerordentlich feinfühlig, ihr seid hellhörig,
und ihr könnt ziemlich genau oder ziemlich weitgehend wahrnehmen,
was auf euch in diesem Leben zukommt, zumindest in der nächsten Zeit.
Ihr bekommt das
mit, was eure Mutter erlebt, denn ihr lebt mit eurer Mutter in Einheit,
in Verbindung, und das ist wesentlich, ihr seid geborgen in diesen
neun Monaten vor eurer Geburt. Ihr schwimmt sozusagen in einem Ozean
aus Wärme, G e b o r g e n h e i t . Alles ist da, was ihr braucht,
um gedeihen zu können, und die Impulse von außen sind eher zart. Es
gibt nichts, worauf ihr reagieren müßt, sondern ihr dürft einfach
in Ruhe und in Geborgenheit wachsen.
Wenn ihr jedoch
geboren werdet, findet eine T
r e n n u n g statt, eine
Trennung von der Mutter, und ihr werdet herausgeworfen in eine Art
Einsamkeit, in eine Art Alleinsein, und ihr werdet außerdem bombadiert
mit einer Flut von Informationen, einer unendlichen Flut von verschiedenen
Eindrücken, die für euch als kleines sensibles Wesen oft nicht einfach
sind zu verarbeiten. Diese große Zahl äußerer Reize sind so etwas
wie ein Schock nach dieser Geborgenheit, plötzlich diese körperlichen
Reize, dann die visuellen Reize, die Reize des Gehörs, der Nase, des
Geruchsinns, des Tastsinns usw.. All diese Reize sind für ein Neugeborenes
ganz neu in dieser Heftigkeit, wie sie nach der Geburt eintritt.
Mit der Zeit
gewöhnt sich ein Neugeborenes an diese Reize, es versteht sie einzuordnen,
sie zu deuten und versteht auch, daß durch das wiederholte Auftreten
von denselben Reizen so etwas wie eine Gewöhnung und auch eine Geborgenheit
eintritt.
In der weiteren
Entwicklung eines Kindes hält sich zunächst die Sensibilität auf hohem
Maße. Ein wichtiger Aspekt in der kindlichen Entwicklung ist, die
Welt durch die S i n n e zu erfahren und Kinder tun dies, soweit das zugelassen wird, mit
äußerster Freude und auch mit äußerster Sinnhaftigkeit. Sie entdecken
die Welt durch ihre Sinne - durch Berühren, durch Schmecken, durch
Hören, Lauschen. Ihr kennt allle die großen Augen eines kleinen Kindes,
daß still in sich ruhend dasteht und einfach nur schaut.
Ihr wißt auch,
daß so etwas bei erwachsenen Menschen sehr selten ist, denn wie ihr
das schon in der Kindheit erfahrt, mitunter relativ früh, ist euch
der Gebrauch eurer Sinne nicht immer so gestattet worden. Z.B. wurde
euch untersagt, Dinge in den Mund zu stecken, bestimmte Dinge anzufassen,
zu bestimmten Dingen hinzuschauen. D.h. den Menschen als junge Wesen
wird mitunter untersagt, ihre Sinne, ihre hochsensiblen Sinne in der
Weise zu gebrauchen, wie es ihnen entspricht, und die Welt mit diesen
Sinnen wahrzunehmen.
Nun die S e n s i b i l i t ä t soll Thema dieses Abends sein.
In der weiteren
Entwicklung kommt es immer häufiger vor, daß auch eine i n n e r e S e n s i b i l i t ä t verloren geht, nämlich daher, daß das, was
aus einem Menschen heraussprudelt an Gedanken, an Ideen, an Emotionen,
an Worten, auch nicht immer geliebt wird von der Umwelt. D.h. junge
Menschen dürfen nicht immer das ausdrücken, was sie möchten. Und das
wiederum führt dazu, daß die Sensibilität nach innen hin zu Emotionen,
Gefühlen, Gedanken usw. auch eingeschränkt wird.
Hinzu kommen
Verpflichtungen, die auch schon Kindern auferlegt werden, die eine
recht rigide R e g e l m
ä ß i g k e i t beinhalten,
d.h. wo ihnen nicht gestattet wird, das Leben spontan zu leben, ihren
Impulsen folgend zu leben, sondern wo rigide Tagesrhythmen ein Kind
daran hindern, spontan zu sein und mit seinen Sinnen in der Spontaneität
ganz offen für die Welt zu sein.
All diese Aspekte
führen dazu, daß bei einem erwachsenen Menschen i.a. die Sensibilität
sehr eingeschränkt ist, daß den Wahrnehmungen der Sinne oft nicht
geglaubt wird, daß feine Unterschiede, die wahrgenommen werden könnten,
nicht wahrgenommen werden. Das hat
z.B. auch dazu geführt, daß Menschen stumpfsinnig ihrer Arbeit nachgehen,
stumpfsinnig in diesem Sinne, ohne ihre Sinne zu gebrauchen. Das hat
dazu geführt, daß Menschen in Städten wohnen, die im Grunde genommen
nicht wirklich lebenswert sind, denn wenn sie ihre Sinne öffnen und
gebrauchen würden, würden sie wahrnehmen, daß ein fürchterlicher Krach
in Städten ist, daß es mitunter abscheulich stinkt, daß es staubig
und unschön ist.
Nicht nur das
Gewahrwerden des Äußeren, ist dadurch vermindert worden, sondern auch,
wie wir sagten, das Wahrnehmen der inneren Stimme, der leisen Gefühle,
der zarten Ideen, der zarten Regungen ist dadurch nicht
mehr so gut oder überhaupt nicht mehr möglich.
So sind heute
Menschen überhaupt nicht mehr in der Lage, die Schönheiten der Natur
wahrzunehmen, die Schönheit der Blumen bis ins Innerste ihres Wesens
hinein strahlen zu lassen, um einfach an dem Anblick einer Blume,
oder eines Baumes oder einer Wiese hocherfreut zu sein. Das hat etwas
mit den eigenen Fähigkeiten und mit der geringeren Ausprägung der
persönlichen Sensibilität zu tun.
Ihr könntet z.B.
die Göttlichkeit eurer eigenen Existenz sofort wahrnehmen, wenn eure
Sinne auf dem Höchststand eurer Sensibilität wären. Ihr würdet wahrnehmen,
wie manigfaltig, wie diffizil, wie unglaublich und wie artenreich
das Leben hier auf diesem Planeten ist. Ihr würdet wahrnehmen, wieviel
verschiedene und aberverschiedene Ideen, Gefühle, Regungen es im Menschen
gibt. Ihr würdet wahrnehmen die Göttlichkeit oder die Heiligkeit eines
Tieres oder ganz einfach die Heiligkeit eines Menschen oder auch die
Heiligkeit von euch selbst.
Ü b u n g
Dazu möchten
wir gerne mit euch eine Übung machen, bei der wir euch bitten, euch
bequem und so entspannt wie möglich hinzusetzen, vielleicht euch ein
wenig zu strecken und zu gähnen, ein klein wenig die Schultern und
die Nackenmuskulatur zu bewegen und ein paarmal tief durchzuatmen.
Wir bitten euch,
jetzt ganz bewußt eure innere Wahrnehmung zu schärfen, indem ihr euch
in der jetzigen Übung entscheidet, ganz genau zu schauen und zu spüren
und euch dessen bewußt zu sein, daß ihr eine ungeheuer sensible und
feinfühlige Wahrnehmung besitzt und daß ihr die, wenn ihr euch darauf
einstimmt, sie auch gebrauchen könnt.
Spürt und schaut
also jetzt in euren Körper hinein und beginnt z.B. mit den Füßen!
Entspannt euch
und spürt einfach, wie sich eure Füße anfühlen!
Geht dann langsam
die Unterschenkel hoch bis zu den Knien! Spürt einfach! Fühlt, wie
sich die Teile eures Körpers von innen anfühlen, auch, ob da z.B.
Unterschiede sind zwischen rechts und links!
Ihr könnt auch
ein klein wenig die Zehen bewegen, ganz kurz, einfach um ganz intensiv
wahrzunehmen, wie sich das anfühlt.
Gibt es einen
Unterschied zwischen rechts und links?
Begreift dies
einfach als Übung! Es muß nichts Bestimmtes dabei herauskommen, sondern
spürt einfach mit den Augen eines neugierigen Kindes in euren Körper
hinein, ganz aufmerksam und schaut, ob es da etwas zu entdecken gibt,
das ihr vielleicht so noch nicht kennt!
Werdet ganz sensibel!
Geht dann weiter
die Oberschenkel hinauf in den Beckenbereich !
Schaut rechts
und links, spürt, wie sich das anfühlt, wo ihr den Boden oder den
Stuhl berührt! Spürt die Muskeln, die Knochen, was auch immer es da
zu spüren gibt!
Wenn es euch
schwerfällt, atmet ein paarmal tief ein!
Geht dann weiter
hinauf in den Bauch, in den Oberkörper hinein!
Und wenn ihr
möchtet, stellt euch vor, ihr wäret ein kleines Kind und entdeckt
diesen Körper von innen und erzählt es jemand und erzählt, was es
da alles zu fühlen und wahrzunehmen gibt!
Wendet euch ganz
liebevoll eurem Körper zu, als sei er etwas, das ganz heilig ist,
mit ganz viel Achtung!
Geht dann weiter
in die Arme, in die Finger und danach in den Kopf!
Spürt ganz aufmerksam
zu den einzelnen Stellen, auch wenn dies ungewohnt erscheint!
Jetzt lauscht
ganz intensiv den Geräuschen, die von draußen hereindringen!
Und jetzt möchten
wir euch bitten, eine Hand auf euer Herz zu legen und ganz intensiv
und ganz aufmerksam in euch hineinzuspüren, wenn wir euch jetzt etwas
sagen. Spürt in euch hinein, was das Gesagte in euch bewirkt, was
da passiert in euch, ob es da eine Regung gibt, ein Gefühl, ob der
Körper darauf reagiert oder ob ein Gedanke in euch erscheint. Seid
einfach der Beobachter! Versucht wahrzunehmen, was auf das Gesagte hin, in euch
passiert!
Spüre also jetzt
ganz genau und aufmerksam, was passiert, wenn wir zu dir sagen: "Du bist
willkommen hier!"
Wir wollen dies
noch einmal versuchen! Sei ganz aufmerksam, spüre dein Herz, das Zentrum
deiner Gefühle!
Und achte jetzt
darauf, ganz aufmerksam und beobachtend, was passiert, wenn wir dir
sagen: "Du bist
willkommen hier in der Gruppe!"
Spüre noch einmal,
was passiert, wenn wir zu dir sagen: "Du bist
angenommen hier in der Gruppe!"
Sei nochmal ganz
aufmerksam und lausche in dich hinein, was in dir passiert, wenn wir
zu dir sagen: "Du bist
angenommen hier in dieser Gruppe!"
Dann spüre noch
einmal, was in dir geschieht, was da für feine Regungen sind, für
Gefühle, Gedanken oder Körperbewegungen!
Spüre ganz tief
und aufmerksam in dich hinein, was passiert, wenn wir zu dir sagen:
"Du bist ein liebevoller Mensch!"
Und spüre nochmal!
Öffne deinen Herzbereich, werde ganz sensibel und schaue in dich hinein!
Schau was passiert
mit dir, wenn wir sagen: "Du bist
ein liebevoller Mensch!"
Wir bitten dich
noch einmal ganz aufmerksam zu sein und in dich hineinzuspüren und
zu beobachten, was passsiert, wenn wir dir sagen: "Du bist
wertvoll!"
Spüre nochmal,
was da passiert, wenn wir wieder sagen: "Du bist
wertvoll!"
Bewegt nun ein
ganz klein wenig eure Finger und beobachtet einfach, was passiert,
wie sich das anfühlt!
Dann seid ganz
aufmerksam und beobachtet, was in euch passiert, wenn ihr ein Lächeln
aufsetzt! Lächelt ein wenig!
Beobachtet ganz
genau, was in euch passiert, wenn ihr die Schultern hoch und zusammenzieht
und dann wieder locker laßt!
Beobachtet, ob
ihr wahrnehmen könnt, wie sich die gesamte Körperenergie verändert,
wenn ihr nochmals eure Schultern zusammenzieht!
Und nun entspannt
euch für einen Moment, laßt ganz los, laßt euch hängen! Atmet vielleicht
tief ein! Dann bitten wir
dich noch einmal zu spüren, ganz entspannt wahrzunehmen und zu beobachten,
was passiert, wenn wir zu dir sagen: "Du bist
liebenswert!"
Dann spüre jetzt
ein letztes Mal in dich hinein! Sei ganz aufmerksam
und spüre, was passiert, wenn wir dir sagen: "Du bist
göttlich!"
Nun in dieser
feinen und tiefen Sensibilität, in der ihr euch jetzt befindet, stellt
euch selbst eine Frage, die euch gerade interessiert zum jetzigen
Zeitpunkt in eurem Leben! Stelllt euch eine Frage und schaut einfach,
ob es da irgendwo eine Antwort in euch gibt!
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Diese Übung ist
vielleicht nicht für jeden ganz einfach. Aber es ist von enormer und
außerordentlichen Bedeutung, wenn ihr eure Individualität, eure Freiheit
und eure Liebe entwickeln wollt, daß ihr eure Sensibilität stärkt.
Um überhaupt zu wissen oder zu erahnen, was für ein Individuum ihr
seid, ist es wichtig, daß ihr klar spüren könnt, was für euch stimmt,
was für euch richtig ist. Daß ihr das oftmals nicht genau wißt, hat
im Grunde etwas mit eurer Sensibilität zu tun. Z.B. ist die innere
Stimme der Weisheit in euch immer vorhanden, und sie ist immer hörbar.
Ihr könnt jederzeit dorthin Fragen stellen und um Antworten bitten.
Denn es gibt ein inneres Wissen in euch, das euch sagen kann, was
für euch stimmt, was für euch gut ist. Eine Voraussetzung, die Antwort
zu hören, ist allerdings eure Sensibilität, ein geschultes inneres
Gehör, so daß ihr wahrnehmen könnt, was da tief in euch drin gesagt
oder euch geraten wird.
Auch was die
Nahrung anbetrifft, ist es wichtig, daß ihr eure Wahrnehmung sowohl
hin zu der Nahrung, d.h. zu riechen und zu spüren, ob etwas gut ist, oder auch zu eurem inneren Wissen, zu eurer inneren Weisheit
richtet. Es ist wichtig wahrzunehmen, was gut ist für euch zu essen.
Da macht es keinen Sinn, irgendwelchen Ernährungsplänen zu folgen.
Im Grunde gehen alle Ernährungspläne an euch als Individuen vorbei.
Denn vielleicht ist an einem Tag das eine und am nächsten Tag etwas
ganz anderes richtig und gut für euch.
So könnte man
sagen, eure Sensibilität ist die wichtigste Hilfe, wenn ihr herausfinden
wollt, was gut ist für euch zu essen.
Auch im menschlichen
Miteinander ist die Entwicklung der eigenen Sensitivität und Feinfühligkeit
von äußerster Bedeutung. Viele Menschen verstehen einander nicht,
weil sie nicht wahrnehmen können, was in dem anderen vorgeht, weil
sie aus relativ groben Ideen und Mustern heraus den anderen wahrnehmen
und meistens nur eigene Projektionen sehen, aber nicht wirklich das,
was in dem anderen vorgeht.
Das Verliebtsein
z.B. ist, wenn ihr euch daran erinnert, eine gute Gelegenheit oder
Möglichkeit euch selbst zu erleben in einem erhöhten Wahrnehmungszustand,
denn wenn ein Mensch verliebt ist, öffnet er sich sehr extrem für
einen anderen Menschen und interssiert sich sehr für ihn. Was passiert
ist, daß sehr schnell Verstehen stattfindet. Oftmals wird auch in
einem solchen Zustand die Schönheit eines anderen Menschen besonders
gut wahrgenommen.
Nun, wir würden
euch bis zum nächsten Treffen empfehlen, immer wieder diese Wahrnehmungsübung
zu machen, nach innen zu schauen, aber dann auch im alltäglichen Leben
darauf zu achten, was passiert in euch, wenn ihr jemandem begegnet.
Oder wenn ihr mit einer Situation konfrontiert werdet, achtet darauf,
welche Gefühle, welche Gedanken in euch entstehen, wie euer Körper
reagiert, und lauscht dann z.B. in stillen Momenten im Wald einfach
nur dem Vogelgezwitscher.
Ihr könnt sehr
viel über das Wesen der Existenz auf der Erde z.B. wahrnehmen, wenn
ihr ganz einfach in Stille dem Vogelgezwitscher lauscht. Da gibt es
tiefe, intuitive Ebenen in euch drin, die das verstehen, was die Vögel
mit ihrem Gesang ausdrücken. Wenn es euch gelingt, solche Klänge z.B.
tief in euch hinein zu lassen, dann werdet ihr die ungeheure Kraft
und Lebendigkeit des Universums erspüren können.
Oder schaut einfach
eine Blume oder einen blühenden Baum in Stille an und laßt die Blütenpracht
auf euch wirken! Gerade im Frühjahr könnt ihr ganz viel Lebendigkeit,
Wachstumsenergie, sprudelnden Ausdruck von Farben und von Freude in
der Natur wahrnehmen und damit immer wieder eure Wahrnehmung und eure
Sensitivität schulen, um letztlich damit näher zu euch selbst zu kommen,
näher zu all dem zu kommen, was es gibt, mehr und auf tiefere Weise
den Sinn und die Lebendigkeit eurer eigenen Existenz und eurer Individualität
zu verstehen.
Und damit möchten
wir noch die Möglichkeit zu fragen geben.
F r a g e n
Wer möchte noch
eine Frage stellen?
Teilnehmer: Mir
fiel bei dieser Übung auf, daß es zum Teil ja eine sehr starke Unterstützung
war, diese Fragen für mein Leben, aber zum Teil waren auch Zweifel
da als erstes. So, ist das wirklich so? Wie geht man damit am besten
dann um?
Stefan II: Das ist eine sehr gute Frage. Ihr habt
sicherlich alle bemerkt, daß ihr auf die Worte und Sätze, die wir
euch sagten, ganz verschieden reagiert habt. Es ging dabei weniger
darum zu schauen, wie ihr reagiert, sondern es ging darum, euch zu
zeigen, daß es auf solche Worte Reaktionen gibt, und euch zu ermuntern,
diese Reaktionen ganz bewußt wahrzunehmen. Das war der erste Aspekt,
das W a h r n e h m e n
d e r i n n e r e n R e a k t i o n e n . Ihr werdet sehen, wenn ihr diese Übung öfter
macht, werden die Reaktionen wohlmöglich unterschiedlich ausfallen.
Der zweite Aspekt
solcher Sätze ist der, daß ihr anhand der Reaktionen auf diese Sätze
etwas über euch herausfinden könnt, wenn ihr ganz aufmerksam seid.
Voraussetzung dafür ist, daß ihr in einem tiefen, aufmerksamen, wachen
feinfühligen Zustand seid.
Wenn ihr z.B.
das Gesagte nicht annehmen könnt, wenn ihr z.B. nicht annehmen könnt,
daß ihr ein wertvoller Mensch seid, dann zeigt euch das etwas über
euch selbst, und ihr könnt da weiter forschen. Eure Reaktion auf solche
Sätze zeigen etwas über euer ureigenstes System, wie ihr funktioniert,
wie eure Psyche funktioniert.
Denn warum ihr
in einer gewissen Weise reagiert, hat etwas mit euren M u s t e r n und mit euren
psychischen Systemen zu tun, und anhand dieser Reaktion lernt ihr
diese Muster kennen und könnt sie beobachten und dann hinterfragen:
Woher kommt es, daß ich einen bestimmten Satz nicht annehmen kann?
Woher kommt es z.B., daß ich mich nicht willkommen fühle? Was ist
da in mir, was es macht, daß ich mich z.B. nicht willkommen fühle
bei anderen Menschen?
Und wenn ihr
im Zustand tiefer Aufmerksamkeit seid, kommt euch auf diese Frage
hin vielleicht ein Bild oder eine Erinnerung, als euch jemand nicht
willkommen geheißen hat oder als euch jemand abschätzig behandelt
hat, als euch jemand nicht geachtet hat. Ihr könnt wahrnehmen, daß
ihr aufgrund eines solchen Ereignisses euch selbst nicht mehr so achten
könnt oder euch selbst nicht mehr für so liebenswert haltet. Dann
könnt ihr versuchen zu spüren, wie ihr jetzt damit umgeht, ob ihr
euch jetzt erneut entscheidet, euch wertvoll oder euch liebenswert
zu fühlen oder in der einen oder anderen Weise damit umzugehen.
Ihr werdet durch
die Reaktion auf diese Sätze manchmal auf ein inneres Problem aufmerksam
gemacht, daß es dadurch in euer Bewußtsein tritt, ihr euch dadurch
mehr kennenlernt und dann das zum Thema machen und schauen könnt,
wie ihr damit umgeht. Ihr könnt dann überlegen, ob ihr mit jemand
darüber sprecht oder schaut, ob ihr z.B., so wie wir das schon einmal
vorgeschlagen haben, eine Erinnerung an ein verletzendes Ereignis
einfach verändert, indem ihr neben diese Erinnerung ein anderes Bild
setzt. Ihr könnt phantasieren, daß ihr z.B. geachtet wurdet, daß ihr
für liebenswert gehalten wurdet, daß ihr geliebt wurdet, nicht um
das andere auszumerzen, sondern einfach um es als innere Möglichkeit,
als inneres energetisches Bild daneben zu stellen und euch zu sagen:
'So hätte das sein können!' Seid euch der Gültigkeit eines solchen
Bildes bewußt und wißt, daß ein solches verändertes Bild euer gesamtes
psychisches System verändert!
Macht das einen
Sinn für dich?
Ja! Denn wenn die Frage wiederholt wurde, war es schon so,
daß ich sagte: Ach nein, das willst du ja gar nicht so haben, diesen
Zweifel. Dann habe ich versucht es zu verändern, aber die Entscheidung
allein reicht vielleicht da nicht aus, das war so mein Eindruck.
Die Entscheidung
ist ein Aspekt, ist eine Möglichkeit. Ihr werdet, wenn ihr die Übung
wieder hört, vielleicht wahrnehmen, ob die Entscheidung ausgereicht
hat oder ob es für euch sinnvoll wäre, da noch tiefer hineinzuschauen.
Gibt es noch
eine Frage?
Teilnehmer: Ja,
ich habe noch eine Frage zur inneren Stimme. Für mich ist das eigentlich
relativ leicht im Privatleben, auf meine innere Stimme zu hören, obwohl
man damit auch manchmal einem anderen Menschen wehtut, wenn man für
ihn vielleicht negative Entscheidungen fällt. Aber für mich ist es
ein ganz großes Problem im Beruf z.B. bei Personalentscheidungen,
wenn ich genau weiß, es ist eigentlich überhaupt nicht menschlich,
was da passiert, aber aus wirtschaftlichen oder auch anderen Gründen
ja eben so entschieden wird. Das ist manchmal ganz schlimm für mich,
weil das gegen meine innere Stimme der Menschlichkeit eigentlich ist.
Das ist ein ganz großes Problem. Wie geht man denn damit um? Weil
da kann ich ja im Beruf keinen Zorn, keine Wut oder solche Dinge ausdrücken,
die da halt doch mal kommen. Ich bin ja auch im Beruf Mensch und habe
meine Gefühle.
Stefan II: Durchaus! Und du solltest auch das sagen
oder mitteilen, was deiner inneren Stimme entspricht, nicht wahr.
Das ist auf jeden Fall ganz wichtig. Wenn da Zorn ist und Wut, dann
solltest du einfach sagen, daß dich das zornig macht. Du mußt nicht
gleich schreien, sondern du kannst einfach sagen, was da für Gefühle
in dir auftauchen, einfach, damit die anderen das wissen. Aber das beeinflußt dann doch nicht letztendlich die Entscheidung.
Da frage ich mich immer: Müßte ich das eigentlich noch mehr ausdrücken
oder könnte ich etwas dagegen tun oder könnte ich mehr tun, daß eine
andere Entscheidung getroffen wird?
Du kannst im
Grunde genommen nur das sagen, was in dir ist und das betonen. Wenn
du diese Entscheidung nicht triffst, sondern jemand anders, kannst
du nicht erwarten, daß er sich nach dir richtet. Nur ganz allgemein
kann man sagen, daß wenn jemand von euch irgendwo arbeitet, wo dauernd
Dinge passieren, die euch nicht entsprechen, wo ihr immer wieder merkt,
das stimmt für euch nicht, und wenn ihr mit dem, was ihr sagt und
ausdrückt an Gefühlen nicht ankommt und auch langfristig keine Perspektive
besteht, daß sich das ändert, dann müßtet ihr euch mit dem Gedanken
auseinandersetzen, eine andere Stelle zu suchen. Denn es macht keinen
Sinn, irgendwo tätig zu sein, wo man auf die Dauer nicht angenommen
ist. Aber dies nur als allgemeinen Hinweis. Das ist natürlich nicht
so leicht getan wie gesagt. Eine solche Frage ist immer vielschichtig.
Möglicherweise
auch in deinem Fall gäbe es die Möglichkeit, daß du danach Ausschau
hältst, ob es jemand gibt, der vermitteln kann. Wenn da, wie du das
schilderst zwei Gegensätze aufeinander prallen, z.B. die Stimme, die
du in dir hörst und das, was jemand anders für richtig hält, daß du
dann versuchst jemand drittes einzuschalten, der vielleicht auch die
unterschiedlichen Positionen deutlich machen kann, vielleicht auch
einen Kompromiß herstellen kann.
Aber hier ist
es ja nicht so, daß du deine Stimme nicht hörst, sondern es ist eher so, daß du einfach akzeptieren mußt, daß wenn da jemand
anderes entscheidet, bzw. die Entscheidung zu treffen hat, er nicht
unbedingt auf dich hören muß, sondern aus seinem Verständnis heraus
entscheidet.
Gibt es noch
eine Frage?
Nun dann möchten
wir bis zum nächsten Mal euch allen eine ganz wachsame, sensible Aufmerksamkeit
und ein offenes Auge und ein offenes Ohr für all das wünschen, was
um euch herum geschieht, was da ist und was euch bereichern könnte.
Und damit ziehen wir uns zurück.
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